Kompakt:
- In den letzten Monaten zeichnen sich immer mehr Probleme für die Branche ab.
- Das wirft die Frage auf, ob hier nicht etwa Risiken entstehen, die zwar nicht die Funktion des Netzwerks, aber den BTC-Kurs massiv beeinflussen könnten.
- Bitcoin könnte zum Spielball eines politischen Kräftemessens werden, welchem bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Ende Mai 2021 brach der Bitcoin-Kurs massiv ein. Zwar können sich Anleger, die bereits seit Jahren investiert sind, sich immer noch über den aktuellen Kurs freuen, aber die Ereignisse haben gezeigt, dass der Markt sehr verwundbar ist.
Über die Ursachen zeichnete sich zunächst ein sehr widersprüchliches Bild in der internationalen Fachpresse ab. Zwar konnte direkt ausgemacht werden, dass sich in China das regulatorische Regime verändert hatte, aber das exakte Ausmaß ist erst jetzt wirklich klar geworden.
Die chinesische Regierung hat nicht nur das Bitcoin-Mining verdrängt, sondern auch die Handelsaktivitäten und die damit verbundenen Geschäftsmodelle sind nicht erwünscht. Die Folge war ein satter Crash, der Bitcoin von seinem Allzeithoch in die Range fallen ließ, in der man jetzt schon seit Wochen herumdümpelt. Das gibt Grund zu der Annahme, dass der Markt noch heftiger reagieren könnte, wenn andere Staaten sich ebenfalls gezwungen sehen sollten, gegen Bitcoin vorzugehen.
Drei große Risiken
Insgesamt lassen sich aktuell drei potenzielle Risiken ausmachen, die einen negativen Einfluss auf den Markt ausüben könnten:
- Die USA wollen verstärkt gegen Ransomware vorgehen und Bitcoin spielt bei der Finanzierung im Bereich Cyberkriminalität eine Schlüsselrolle.
- In diesem Zusammenhang ist die Bitcoin-Reform in El Salvador ebenfalls relevant. Ihr mögliches Scheitern könnte Auswirkungen auf den Markt haben.
- Binance gerät zunehmend unter Druck. Die Börse gehört zu den größten der Welt. Sollte sie eingeschränkt werden, dann könnte ein Stützpfeiler des Marktes wegbrechen.
USA sprechen von Cyberterrorismus
Dass kritische Infrastruktur immer wieder zum Ziel von Angriffen wird, dürfte auch an schlechter Vorsorge und unterfinanzierten IT-Abteilungen liegen. Viele Ransomware-Attacken gelingen nur deshalb, weil genügend Lücken vorhanden sind, die für Profis leicht zu nutzen sind.
Am Ende ist es für die Politik aber leichter, auf ein Vorgehen gegen die Kriminellen zu bestehen. Das schont nicht nur die Budgets im öffentlichen Sektor, sondern vermittelt den Eindruck, dass der Staat sich in einer Position der Stärke befindet.
Die USA haben der Cyberkriminalität den Kampf angesagt und das bedeutet ein zusätzliches Risiko für Bitcoin. Schließlich könnte man existierenden Börsen noch strengere Auflagen erteilen oder im Extremfall sogar das Geschäft untersagen. Wie empfindlich der Markt reagiert, wenn sich eine Supermacht gegen die Bitcoin-Industrie stellt, durfte man im Mai beobachten, als China zum Rundumschlag ausgeholt hat.
Vorläufig konzentrieren sich die USA dabei auf Russland. Bitcoin könnte dabei aber zu einem Nebenschauplatz werden.
El Salvador wurde eindringlich gewarnt
So groß die Begeisterung über den wagemutigen Schritt der Regierung in El Salvador auch war, es folgt die Ernüchterung. Die Pläne von Präsident Bukele stießen international auf sehr wenig Gegenliebe und es bleibt abzuwarten, ob das Land am Ende nicht sogar wirtschaftlich isoliert wird.
Bitcoin ersetzt zwar nicht den US-Dollar, aber dass man ernsthaft einen alternativen Kreislauf installieren will, ist den USA ein Dorn im Auge. Nicht nur, weil man den Status des US-Dollars verteidigen muss, sondern auch, weil es ein Risiko im Kampf gegen Cyberkriminalität spielt. Am Ende könnte El Salvador unter die Räder kommen, wenn man zum Rundumschlag ausholt. Im Juni wurde man bereits durch die US-Außenpolitik gewarnt, den Sektor nicht lasch zu regulieren. Die USA wollen verhindern, dass sich das Land zu einem Freihafen für Cyberkriminelle entwickelt.
Gleichzeitig ist die Opposition den Plänen von Bukele nicht gewogen. Selbst wenn die USA oder beispielsweise das Verhältnis zu Institutionen wie dem IWF keine Rolle spielen sollten, dann könnte sich das Blatt mit nur einer Wahl wenden. Außerdem muss sich noch zeigen, ob die Bevölkerung überhaupt eine ausreichende Akzeptanz für Bitcoin entwickelt, was sich nicht erzwingen lässt und auch nicht erzwungen werden sollte.
Damit wird El Salvador zur Bewährungsprobe, denn ein Scheitern der Reform könnte von den Marktteilnehmern als Signal verstanden werden, dass Bitcoin nicht als Währung taugt.
Binance ist systemrelevant
Binance gerät zunehmend ins Visier sämtlicher Aufsichtsbehörden. Darunter in Großbritannien, Ontario, Japan und jüngst auch noch in Polen. Zwar startete das Unternehmen als Börse, hat aber längst wie eine Krake sämtliche Bereiche der Industrie umschlungen.
Mining-Pool, Staking, eigene Kreditkarte, DeFi, Handel mit Derivaten und Fiat-Rampe sind nur ein paar Beispiele, wo man sich in der kurzen Zeit überall breitgemacht hat. Das weckt Begehrlichkeiten, denn andere Marktteilnehmer bemühen sich darum, den Auflagen in den verschiedenen Ländern, die man bedient, nachzukommen. Es würde nicht wundern, wenn Mitbewerber heimlich Beifall klatschen oder gar Schützenhilfe gegen Binance leisten.
Erst kürzlich forderte der CEO von Binance eine bessere Regulierung der Branche. Das wirkt etwas merkwürdig, wo das Unternehmen doch seit seiner Gründung von Grauzonen profitierte, um sein Geschäftsmodell vorbei an jedweder Aufsicht zu etablieren.
Angesichts der Handelsvolumina der Börse stellt sich die Frage, welche Auswirkungen ein empfindlicher regulatorischer „Crackdown“ hätte. Der Handel könnte sich zwar ohne Probleme auf andere Börsen verlagern, aber der Markt profitiert aktuell noch von der Praxis, dass Binance.com ein tägliches Transfervolumen von 2 BTC pro Tag erlaubt, ohne das sich Kunden identifizieren müssen.
Das einzige Gegenmittel dürfte sein, sich an die Spielregeln zu halten und damit zunehmend auf die lokalen Gegebenheiten einzugehen und alle regulatorischen Auflagen zu erfüllen. Das will man auch leisten und dies zeugt von einem sicheren Instinkt.