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Recht

Tornado Cash vor Gericht: Was Entwickler Roman Storm wirklich vorgeworfen wird

Department of Justice in Washington
Bildquelle: © JHVEPhoto - stock.adobe.com

Die Krypto-Industrie durfte im Frühjahr aufatmen, weil die Ethereum-Adressen sowie der Smart-Contract-basierte Mixer Tornado Cash im März 2025 offiziell von der Sanktionsliste des OFAC gestrichen wurden. Diese Maßnahme folgte einem Urteil des Fifth Circuit Court of Appeals, das die ursprüngliche Listung aus dem Jahr 2022 – damals unter der Biden-Regierung erfolgt – für unzulässig erklärte. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die smart-contractbasierten Komponenten von Tornado Cash keine „Eigentumsrechte“ im Sinne des International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) darstellen, und dass das Finanzministerium bei der Sanktionierung der dezentralen Softwarearchitektur über seine Kompetenzen hinausgegangen sei.

Storm steht dennoch weiterhin vor Gericht. Die Anklage gegen ihn wurde bereits 2023 erhoben und lautet auf Geldwäsche sowie Verstöße gegen die damaligen OFAC-Sanktionen. Konkret werfen die Behörden Storm vor, als Entwickler und mutmaßlicher Betreiber des Mixers Tornado Cash wissentlich dazu beigetragen zu haben, dass über die Plattform Gelder aus kriminellen Quellen – insbesondere durch die nordkoreanische Lazarus-Gruppe – gewaschen wurden. Allein beim Hack der Ronin-Bridge im Jahr 2022 sollen laut US-Regierung über 600 Millionen US-Dollar entwendet worden sein, ein erheblicher Teil davon floss über Tornado Cash.

Im Zentrum des Verfahrens steht die Frage nach Storms tatsächlicher Rolle. Während die Staatsanwaltschaft ihn als aktiven Akteur in einem gewerbsmäßigen Geldwäschebetrieb darstellt, argumentiert die Verteidigung, dass Storm lediglich eine dezentrale Datenschutzsoftware mitentwickelt habe, die es Nutzern ermögliche, ihre Privatsphäre im Ethereum-Netzwerk zu wahren – in einer Blockchain-Welt, in der sämtliche Transaktionen öffentlich einsehbar sind. Die Nutzung durch Dritte zu kriminellen Zwecken liege außerhalb seiner Verantwortung. Unterstützt wird diese Sichtweise auch vom US-Branchenverband Coin Center, der argumentiert, dass Softwareentwicklung an sich kein Verbrechen sein könne. Es sei absurd, Storm zu kriminalisieren, nur weil Dritte seine Open-Source-Software zu rechtswidrigen Zwecken verwendet hätten – ein Argument, das mit Verweis auf andere Technologien wie Linux oder BitTorrent durchaus Gewicht hat.

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Brisant ist zudem, dass die Argumentation der Staatsanwaltschaft mit einem Richtungswechsel innerhalb der US-Regierung kollidiert. Unter der Trump-Administration wurde im April 2025 ein internes Memo des neuen stellvertretenden Generalstaatsanwalts Todd Blanche bekannt, in dem das Justizministerium anordnete, künftig auf strafrechtliche Verfolgung wegen nicht lizenzierter Geldtransfers im Zusammenhang mit digitalen Vermögenswerten zu verzichten – zumindest dann, wenn keine eindeutige betrügerische Absicht vorliegt. In der Folge zogen die Ankläger einen Teil ihrer Vorwürfe gegen Storm zurück, insbesondere den, Tornado Cash nicht als „Money Transmitting Business“ registriert zu haben. Sie stützen sich nun auf verbleibende Passagen des Gesetzes, etwa die absichtliche Nutzung einer solchen Plattform zur Übertragung von illegalen Geldern.

Dieser juristische Spagat bringt die Anklage in eine missliche Lage. Einerseits soll Storm gegen Regeln verstoßen haben, andererseits dürfen diese Regeln aufgrund des Blanche-Memos nicht mehr zur Strafverfolgung herangezogen werden. Ein klassisches Dilemma, das Zweifel an der Belastbarkeit der Anklage nährt. Auch deshalb wurde der Fall in der Krypto-Szene und unter Bürgerrechtlern international aufmerksam verfolgt. Für viele gilt das Verfahren längst als Präzedenzfall, der die Frage aufwirft, ob und wie Open-Source-Entwicklung strafrechtlich bewertet werden kann – und welche Rechte Einzelpersonen in einer zunehmend regulierten digitalen Infrastruktur behalten.

Pleiten, Pech und Pannen bei der Staatsanwaltschaft

Doch der Richtungswechsel der Politik ist für die Anklage nicht das einzige Problem, denn auch die Zeugenaussagen in dem Prozess kommen ihr nicht entgegen. Die erste Zeugin der Anklage war das Opfer eines Krypto-Betrugs. Ihre belastende Aussage basierte jedoch auf einem fehlerhaften Bericht eines weitestgehend unbekannten Unternehmens, welches sich angeblich auf Blockchain-Analyse spezialisiert hat. Ein FBI-Memo förderte zu Tage, dass sogar die Ermittlungsbehörden die Seriosität dieses Unternehmens infrage stellen. Die angebliche Spur in dem Analyse-Bericht, den die Zeugin als Grundlage für ihre Aussagen nahm, ließ sich jedoch gar nicht zu Tornado Cash verfolgen. Noch herber dürfte der Rückschlag sein, dass ausgerechnet ein Beamter der US-Steuerbehörde IRS im Kreuzverhör eingeräumt hatte, dass die Analyse nicht beweise, dass gestohlene Gelder tatsächlich bei dem Ethereum-Mixer gelandet sind.

So bekommt man bei dem Verfahren den Eindruck, dass die Staatsanwaltschaft versucht einen Prozess am Leben zu halten, der aufgrund des politischen Richtungswechsels in Washington bereits gestorben ist.

Storm wird nicht aussagen

Der Angeklagte hat sich in der Zwischenzeit entschieden im laufenden Strafprozess nicht selbst auszusagen. Weil Storm auf seine Aussage verzichtete, endete die Beweisaufnahme der Verteidigung am Dienstag bereits nach drei Prozesstagen. Angesichts der Widersprüche der Zeugen der Anklage und der veränderten juristischen Grundlage für die Vorwürfe selbst, ist dies wahrscheinlich das beste Vorgehen.

Ob die Geschworenen ihn jedoch freisprechen werden, steht längst nicht fest. Denn Chatprotokolle belegen, dass Storm über die Nutzung durch kriminelle Akteure sehr wohl besorgt war. Im Jahr 2022 äußerte er sich gegenüber dem Co-Gründer Roman Semenov nach dem Ronin-Hack und diskutierte die Adressen der Täter zu blockieren. Zudem schlug er vor, dass sich das Entwickler-Team von Tornado Cash öffentlich gegen die Hacker positioniert und klar Stellung bezieht. Nach einem weiteren Hack zeigte sich Storm in einer Nachricht an einen Investor ebenfalls alarmiert.

Es wird sich also zeigen müssen, ob die Geschworenen ihm dieses Bewusstsein als Schuldeingeständnis anlasten oder anerkennen, dass sich die Rechtslage in der Zwischenzeit drastisch geändert hat und die Technologie von Tornado Cash nicht per se Straftaten begünstigt.

Mit einem Urteil in dem Verfahren kann noch im August gerechnet werden.

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