Die Tatsache, dass das Bitcoin Netzwerk auf einer transparenten und mathematisch in feste Rahmen gebetteten Blockchain betrieben wird, hat in den letzten Jahren zu folgendem Phänomen geführt: Es gibt eine große Menge an Modellen, Theorien und Prognosen zur Preisentwicklung, die anhand der unzähligen On-Chain-Metriken und Datenpunkte aufgestellt werden, die das Netzwerk liefert. Das bekannteste Modell ist der Halving-Zyklus, auf den ich mich auch oft in meiner Kolumne beziehe und der den zeitlichen Ablauf der Bitcoin-Bullen- und Bärenmärkte in feste Bahnen legt. Bisher sogar mit einer recht beeindruckenden Präzision.
Über die plausibleren Gründe, warum sich der Bitcoin-Kurs in den Bahnen bewegt, auf denen er sich nun mal bewegt, habe ich schon oft gesprochen. Heute soll es um eine andere Theorie gehen, die sich innerhalb dieser übergeordneten Modelle bewegt und die derzeit im Fokus vieler Marktteilnehmer steht. Es geht um das Aufwärtspotenzial, das dieser Bullrun haben könnte.
Sehen wir in diesem Bullrun erneut sinkende Renditen für Bitcoin?
Es geht um die Theorie der „Diminishing Returns“, die besagt, dass sich die prozentuale Performance von Bitcoin in jedem Bullrun jeweils deutlich verringert. Aus den vergangenen drei Zyklen lässt sich dies deutlich beobachten.
Während in 2013 die Performance vom Zyklus-Tief zum nächsten Allzeithoch noch satte 35.000% betragen hat, ist diese im 2017er Bullrun bereits auf etwa 8000% gesunken. Im letzten Bullrun waren es „lediglich“ noch 2000%. Viele Marktbeobachter gehen daher davon aus, dass sich die Performance in diesem Bullrun ebenfalls wieder deutlich verringern könnte.
Es gibt dazu eine zugespitzte Theorie, die sogar sehr genaue Preisziele nennt: Die sogenannte 5.3 Theorie. Sie besagt, dass die Renditen von Bitcoin-Investitionen von Zyklustiefs zu -hochs um den Faktor 5,3 abnehmen. In der Praxis würde das anhand der historischen Preisdaten bedeuten, dass der Höhepunkt des nächsten Zyklus etwa 77.000 Dollar erreichen könnte. Die bisher tatsächlich beobachteten Entwicklungen der Renditen weichen ein wenig vom Faktor 5,3 ab: sie betrugen 5,34x, 4,96x und 5,63x. Dennoch: der Durchschnitt dieser Zahlen beträgt ungefähr 5,31.
Unabhängig von diesen rein statistischen Zahlen macht es durchaus Sinn, dass die prozentualen Renditen von Bitcoin abnehmen und das aus mehreren Gründen. Zum einen ist die Marktkapitalisierung von Bitcoin in den 15 Jahren seit seiner Entstehung extrem angestiegen. Mittlerweile stecken mehr als eine Billionen Dollar an Wert in Bitcoin und machen es mit dieser Bewertung zum 10. Größten Asset weltweit. Um die Marktkapitalisierung von Bitcoin jetzt noch zu verdoppeln, geschweige denn zu vervielfältigen muss eine sehr viel größere Geldsumme in das Netzwerk fließen, als das noch vor einigen Jahren der Fall war.
Zum anderen kommt irgendwann eine gewisse Marktsättigung zum Tragen. Je mehr Menschen Bitcoin akzeptieren und halten, desto näher kommt es einer Marktsättigung, bei der die meisten, die daran interessiert sind, Bitcoin zu halten, bereits welche besitzen. In einem solchen Szenario könnte das Wachstum des Bitcoin-Wertes abnehmen, da die „neuen“ Käufer, die den Preis weiter in die Höhe treiben könnten, weniger werden. Das bedeutet nicht, dass der Preis notwendigerweise fallen wird, sondern eher, dass die Raten des Preiswachstums abnehmen könnten.
Darum würde ich der „Diminishing Returns“ Theorie wenig Beachtung schenken
Es stimmt: die Pionierphase von Bitcoin ist so gut wie beendet. Jeder, der Bitcoin aus spekulativen Gründen oder aufgrund Erwartungen an die zukünftige Entwicklung haben wollte, ist mittlerweile bei Bitcoin dabei. Jetzt kann die Nachfrage nur noch aus einer echten Notwendigkeit heraus entstehen.
Doch genau dafür bereitet das derzeitige Makro-Bild den Boden. Die Welt läuft langsam in die exponentielle Phase ihrer Digitalisierung hinein. Analoge Strukturen und Werkzeuge – darunter fällt auch das derzeitige Geld- und Finanzsystem – geraten immer schneller an einen Punkt, an dem sie nicht mehr konkurrenzfähig sind und es neuer, innovativer Lösungen bedarf. Bitcoin und der restliche Krypto-Sektor füllen diese Lücke.
Zum anderen gerät das derzeitige ungedeckte System auch aus einer eigenen, angeborenen Schwäche heraus an die Grenzen seiner Belastbarkeit. In der Historie der Menschheit war es seit tausenden von Jahren stets dasselbe. Sobald mit dem Geldsystem herumgespielt wurde und eine Abkehr von einem harten in ein weiches Geldsystem stattgefunden hat, musste spätestens ein paar Jahrzehnte später die Quittung bezahlt werden und das System ist zusammengebrochen. Das derzeit global dominierende Dollar-System gerät immer näher an den Punkt, an dem eine Hyperinflation eine realistische Gefahr darstellt. Die Corona-Pandemie und die daraus entstehenden geldpolitischen Exzesse haben diesen Pfad deutlich beschleunigt. Auch hier bedient Bitcoin eine wachsende Nachfrage nach einer Alternative.
Bitcoin hat in seinem Lebenszyklus bereits einige Phasen durchlaufen: Von einem spannenden Spielzeug für frühe Pioniere, über „Internetgeld für Kriminelle“ bis hin zu seinem derzeitigen Stadium als Spekulationsobjekt an den Finanzmärkten hat das Asset bereits einen extremen Wachstumspfad hingelegt. Dieser war größtenteils von Spekulation befeuert und nähert sich nun seinem Ende. Die nächste Phase, in der Bitcoin als ernsthafter Wertspeicher betrachtet wird, ist durch den Einstieg der Wallstreet ins Rollen gekommen und baut sich mit zunehmender Geschwindigkeit auf. Dieser echte Usecase dürfte die Nachfrage aufgrund der angesprochenen makroökonomischen Dynamiken massiv befeuern.
Das liefert aus meiner Sicht den Treibstoff, damit wir in diesem Zyklus eine deutliche Outperformance des letzten Zyklus sehen können, was die Rendite von Bitcoin angeht. Bis zu einer möglichen finalen Phase für Bitcoin als echtes Geldsystem besteht noch eine ganze Menge Spielraum. Dieser Pfad wird jedoch wie gesagt nicht mehr durch Spekulation, sondern durch eine echte Nachfrage aus fundamentalen Gründen beschritten.
Denken Sie langfristig!
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