Interview

Über Umweltschutz, Mining und die Zentralisierungsdebatte – Im Interview mit Alejandro de la Torre


Wir trafen Alejandro de la Torre auf einem Meetup in Essen und nahmen die Gelegenheit wahr ein Interview mit ihm zu führen. Ist Bitcoin Mining eine Bedrohung für die Umwelt? Werden die internationalen Regulierungsvorstöße der Mining-Industrie schaden?

Da Alejandro im Management bei Poolin arbeitet, einem der größten Mining Pools weltweit, konnte er diese drängenden Fragen aus Sicht der Industrie beantworten und gab damit wertvolle Einblicke. 

Was bedeutet Bitcoin für dich?

Es ist eine dezentrale Währung, die der gesamten Menschheit Freiheit und Macht verleiht. 

Nun, dass scheint der Fall zu sein. Aber welche Geschichte verbindet dich damit?

Ich habe schon immer nach einer Sache gesucht, die in der Lage ist die Gesellschaft zu verändern. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass unser aktuelles Finanzsystem nicht das Beste ist, wenn es um Fairness und Chancenverteilung geht. Bitcoin erlaubt es einfach jedem mitzumachen. Niemand ist in der Lage dich auszuschließen. Es ist für jeden da und das ist das Schöne daran. 

Für mich persönlich war es eine der besten Entscheidungen in meinem Leben. Ich habe mit allem anderen aufgehört und begab mich 2013 vollständig in diesen Bereich, weil ich sehr stark an den Aspekt der Freiheit glaube, den diese Technologie vermittelt. Ich habe seitdem nicht mehr zurückgeschaut, bis hierhin war es eine großartige Reise. 

Für die meisten Bitcoin-Maximalisten steht es zwar außer Frage, aber wie siehst du die bereits existierenden Bitcoin Forks?

Ich glaube, die gehen total in Ordnung. Eine Menge Leute sind ein wenig extrem in ihren Ansichten. Mich selbst würde ich im Vergleich dazu als moderat bezeichnen. Denn dies ist einer der größten Vorteile dieser Technologie. Wenn du denkst, dass du eine bessere Lösung für ein Problem hast oder deine Idee einfach besser ist, dann kannst du den Code nehmen und einfach einen Fork starten. Dann liegt es bei dir die Entwickler, Miner und User davon zu überzeugen. 

Was denkst du über andere Konsensmechanismen? Ethereum wird in Zukunft wahrscheinlich auf Proof of Stake setzen. 

Ich glaube dass andere Konsensmechanismen nicht in dem gleichen Maß erprobt wurden, wie „Proof of Work“ bisher erprobt wurde. Die technischen Mittel, die für die Sicherheit sorgen, sind einfach und elegant. Seit 10 Jahren läuft PoW ohne Probleme. 

Proof of Stake hingegen wurde bisher nur für kleinere Kryptowährungen benutzt. Es wird funktionieren, aber es ist nicht in einer solchen Größenordnung erprobt worden und man muss einfach erstmal abwarten, wie sich die Technologie bei größeren Projekten schlägt. 

Ein weiterer Punkt, den ich sehr kritisch betrachte, ist die Verteilungsgerechtigkeit. Proof of Stake sorgt für die gleichen Probleme, die wir jetzt schon in der Gesellschaft haben. Wenn du eine große Menge einer Kryptowährung hast, dann bekommst du mit PoS noch mehr. Das widerspricht dem eigentlichen Grundgedanken von Kryptowährungen. 

Mit Proof of Work entstehen diese Ungleichheiten nicht. Jemand könnte einen neuen Chip entwickeln oder eine bessere Software schreiben und sich so einen Vorteil schaffen, mit dem er dann in den Wettbewerb einsteigen kann. Mit PoS geht sowas nicht – ich bin daher kein großer Fan davon. 

Es gibt aber auch eine Menge kritischer Stimmen, die darauf hinweisen, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen, die auf Proof of Work setzen, ein Problem mit der Zentralisierung haben und daher das Mining durch wenige große Pools zentralisiert wird. 

Das ist lächerlich! Die Leute müssen endlich verstehen, dass es für einen Miner ungefähr 5 Minuten Arbeitsaufwand ist einem Pool beizutreten. Er kann ihm beitreten und genauso schnell kann er ihn auch wieder verlassen. Klar, die Mining-Pools werden größer, aber sie sind von der Rechenleistung der Miner abhängig und die könnten auch einfach woanders hingehen. 

Somit sind alle Miner nach wie vor dezentral organisiert. Es macht also gar nichts aus, dass Mining-Pools ein zentralisierter Service sind. 

Ein weiteres großes Problem, das auch in Deutschland sehr stark diskutiert wird, sind die Auswirkungen auf die Umwelt. Die Partei „Die Linke“ hat sogar vorgeschlagen Mining zu verbieten, weil der Energieverbrauch zu hoch ist. Mittlerweile reist Greta Thunberg durch die Welt und fordert einen Paradigmenwechsel der gesamten Wirtschaft und der Gesellschaft. Das hat sehr großen Einfluss. 

Gibt es irgendwelche Bemühungen Mining so ökologisch wie möglich zu betreiben?

Das ist eine ausgezeichnete Frage, aber ich glaube man sollte erstmal einige Dinge in den richtigen Kontext rücken. Alle konzentrieren sich hierbei immer auf den Energieverbrauch von Mining, aber sie vergleichen es gar nicht mit den Auswirkungen, die andere Technologien haben. Man denke alleine an die ganzen Haushaltsgeräte die weltweit den ganzen Tag im Standby stehen. Das verbraucht viel mehr Energie als das Bitcoin-Netzwerk. 

Aber für Bitcoin wird trotzdem eine Menge Energie verbraucht. 

Ja, aber schau dir mal im Vergleich das traditionelle Bankensystem an. Die ganzen Gebäude, die IT, die Netzwerke und die Angestellten, die jeden Tag zur Arbeit pendeln. Selbst das Papier für die Banknoten. Das hinterlässt alles Spuren an der Umwelt und verbraucht eine Menge Energie. 

Außerdem suchen Miner immer nach dem günstigsten Strompreis. Und wie der Zufall es will, gibt es schon eine Menge Mining Farmen die auf regenerative Energien setzen, weil es günstiger ist. Daher sind die meisten Betreiber sehr an Ökostrom interessiert, wenn er in ihrer Region verfügbar ist. Sie werden diesen Weg wählen, weil es in ihrem eigenen Interesse ist. 

Und um die Frage abschließend zu beantworten: Bitcoin ist eine Technologie, die der Freiheit der gesamten Menschheit dient. Und ich denke das rechtfertigt den Energieaufwand für das Netzwerk. 

Ein weiteres politisches Thema. Es wird sehr viel reguliert und die FATF hat dazu einen Maßstab gesetzt, den einige Länder sogar übertreffen wollen. Großbritannien will sogar Open-Source-Software regulieren, wenn sie mit Kryptowährungen zu tun hat. 

Wie wird sich das auf die Mining-Industrie auswirken?

Das klingt nicht durchdacht. Man kann Open-Source-Technologie nicht kontrollieren. Wenn sie eine effektive Möglichkeit finden das zu tun, dann bin ich sehr daran interessiert zu sehen, wie das klappen soll. 

Ich glaube das ist eine ganz dumme Idee. Damit werden sie keinen Erfolg haben. 

Sie könnten aber auch Mining verbieten. Es gibt zwar im Augenblick keine Pläne, aber für die Zukunft lässt sich so etwas auch nicht ausschließen. 

Stimmt, das könnte passieren. Aber wenn Mining in einer Region verboten wird, dann werden die Miner einfach umziehen. Das ist auch einer der Gründe, warum Bitcoin so stark ist. Wenn eine Regierung versucht Bitcoin zu stoppen, dann wird sie das nur innerhalb ihrer Landesgrenzen versuchen können. 

Mining ist ein Geschäft. Und so lange, wie die Menschen damit ihren Lebensunterhalt verdienen können, werden sie einfach woanders hingehen. 

Es gab in den letzten Wochen zwei Vorfälle. Einen Einbruch der Hash Rate im Bitcoin-Netzwerk und eine brennende Mining Farm in China. Kannst du uns dazu etwas erzählen?

Ja, ich habe davon auf Twitter gehört. Viele Menschen waren besorgt wegen der Hash Rate, aber das war ein Ausschlag im täglichen Chart. Man sollte immer das große Ganze im Auge behalten. Diese Spitzen können vorkommen, kein Grund zur Sorge. 

Und die brennende Farm? Einige User haben spekuliert, dass es sich um Aufnahmen aus dem Jahr 2014 handelt. 

Da bin ich mir nicht sicher. Solche Unfälle können passieren, aber ich denke das es ein Unfall von vielen war, wie sie täglich hunderte Male passieren. Sowas ist kein großartiges Problem für das Netzwerk. Sollte die Geschichte stimmen, dann ist das schlimm für den Betreiber und es täte mir für ihn leid. 

Zurück zu deinem Geschäft. Du arbeitest für einen der größten Mining Pools weltweit. Trotzdem, es gibt schon so viele. Was sind die Vorteile von Poolin?

Ich denke es gibt drei Faktoren, die da eine Rolle spielen. Zunächst einmal arbeiten wir absolut professionell. Dann bieten wir viele verschiedene Tools an, die es Minern ermöglichen, noch höhere Profite einzufahren. Außerdem haben wir einen hervorragenden Kundensupport und expandieren international.

Wir sind grade dabei neue Teams in Berlin aufzustellen und werden ggf. auch ein Büro in den USA eröffnen. Wir bieten unseren Service also weltweit an und das macht uns einfach besser. 

Zeit für deinen Call: Wo steht der Bitcoin Kurs heute in einem Jahr?

Bei ungefähr 20.000 US-Dollar. 

Also ist Bitcoin ein Wertspeicher? Oder ist es Geld?

Ich glaube nicht, dass sich die beiden Kategorien notwendigerweise ausschließen. Es ist beides. 

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