S&P Global Ratings hat die Stabilitätsbewertung des weltweit größten Stablecoins USDT, auf die niedrigste Stufe herabgesetzt. Die Einschätzung fällt von „constrained“ auf „weak“ und signalisiert wachsende Risiken für die Fähigkeit des Stablecoins, seine Bindung an den US-Dollar zu halten. Grund für die negative Revision ist die zunehmende Gewichtung von hochriskanten Vermögenswerten in den Reserven des Unternehmens. Dazu zählen Bitcoin, Gold, Unternehmensanleihen und besicherte Kredite. Diese Anlagen sind nicht nur volatil, sondern auch mit Kredit-, Markt- und Wechselkursrisiken behaftet. Die Offenlegung zu deren Zusammensetzung bleibt laut S&P lückenhaft.
Besonders kritisch ist die steigende Bitcoin-Quote in den Reserven. Sie liegt aktuell bei 5,6 Prozent des Umlaufs und übersteigt damit die Überbesicherungsquote von 3,9 Prozent. Ein Preisrückgang bei Bitcoin oder anderen riskanten Assets könnte die Deckung der Reserven gefährden und USDT unterbesichert machen. Zwar besteht der Großteil der Reserven weiterhin aus kurzfristigen US-Staatsanleihen und Dollar-Äquivalenten, doch die Transparenz über die Kreditwürdigkeit der Verwahrstellen und Gegenparteien ist laut dem Bericht nach wie vor unzureichend.
Die jüngste Quartalsprüfung durch BDO Italia weist Reserven von 181,2 Milliarden Dollar aus, die 174,4 Milliarden Dollar an USDT decken. Die Überbesicherung ist von 105,1 Prozent im Vorjahr auf 103,9 Prozent gefallen. Gleichzeitig stieg der Anteil riskanter Anlagen von 17 auf 24 Prozent. Diese Entwicklung deutet auf eine wachsende Risikobereitschaft hin, die aus Sicht von S&P im Widerspruch zu den Erwartungen an einen stabilen Wertaufbewahrungsmechanismus steht.
Neben der Zusammensetzung der Reserven kritisiert S&P die mangelnde Transparenz bei der Verwaltung und die fehlende regulatorische Strenge. Tether operiert seit 2025 unter einer Lizenz in El Salvador, wo die Vorschriften weniger restriktiv sind als in den USA oder Europa. Zwar schreibt die lokale Regulierung eine Eins-zu-eins-Deckung vor, erlaubt aber riskante Anlagen wie Kredite und Bitcoin. Zudem gibt es keine Vorgaben zur Trennung der Reserven vom übrigen Unternehmensvermögen, was im Falle einer Insolvenz problematisch wäre.
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Auch die Rücktauschmöglichkeiten sind eingeschränkt. Direktes Einlösen bei Tether erfordert eine verifizierte Kontoregistrierung, eine Gebühr von 150 Dollar sowie eine Mindestgröße von 100.000 Dollar pro Transaktion. Hinzu kommt eine zusätzliche Gebühr von 0,1 Prozent oder mindestens 1.000 Dollar. Für kleinere Anleger bleibt hingegen nur der Sekundärmarkt.
Technologisch zeigt sich Tether robust, wenngleich die Smart-Contract-Quellcodes nicht offen zugänglich sind. Frühere Audits haben keine gravierenden Sicherheitslücken festgestellt. Dennoch bleibt die Abhängigkeit von internen Prozessen und die fehlende Offenlegung ein Schwachpunkt.
Tether ist seit seiner Einführung 2014 der dominierende Stablecoin und konnte selbst in Krisenzeiten wie dem Zusammenbruch von Terra Luna oder FTX seine Preisstabilität weitgehend bewahren. Die Marktkapitalisierung stieg zuletzt auf 183 Milliarden Dollar. Doch die Konkurrenz wächst, insbesondere durch Stablecoins mit strengeren regulatorischen Standards. Der Vorsprung gegenüber USDC schrumpfte von dem Faktor 3,5 auf 2,4 innerhalb eines Jahres.
Die Herabstufung durch S&P ist ein Warnsignal für den Markt. Sie verdeutlicht, dass die Stabilität von USDT nicht allein durch seine Größe garantiert ist. Die zunehmende Risikoorientierung und die begrenzte Transparenz könnten langfristig das Vertrauen in den führenden Stablecoin untergraben. Der Bericht stellt keine formelle Kreditbewertung dar, sondern eine unabhängige Einschätzung auf Basis öffentlicher Informationen. Für Anleger bedeutet das, dass die Analyse zwar relevante Risiken aufzeigt, aber nicht die gleiche rechtliche oder regulatorische Wirkung hat wie ein offizielles Rating. Dennoch schenkt die breite Öffentlichkeit solchen Aussagen viel Beachtung, was Tether daher in ein schlechtes Licht rückt.
Tether nimmt die Einschätzung gelassen
Nach der Herabstufung durch S&P Global reagierte Tether betont gelassen. CEO Paolo Ardoino bezeichnete die Analyse als veraltet und argumentierte, dass klassische Bewertungsmodelle nicht geeignet seien, digitale Vermögenswerte zu beurteilen. Das Unternehmen verweist auf seine Strategie der Diversifikation, zu der auch der massive Ausbau der Goldreserven gehört.
Stand 27. November 2025 hält Tether rund 116 Tonnen physisches Gold im Wert von etwa 12,9 Milliarden US-Dollar. Davon dienen 104 Tonnen als Absicherung für USDT, während 12 Tonnen den goldgedeckten Token XAU₮ stützen. Allein im dritten Quartal kaufte Tether 26 Tonnen hinzu und zählt damit zu den größten privaten Goldhaltern weltweit. Zudem bewegt sich das Unternehmen mit seinen Goldreserven auf Augenhöhe von staatlichen Akteuren, wie Südkorea (104 Tonnen), Griechenland (114 Tonnen) oder Ungarn (110 Tonnen).
Ardoino sieht diese Bestände als Schutz vor makroökonomischen Risiken und als Beweis für die Stabilität des Stablecoins. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Gold zwar als sicherer Hafen gilt, aber für einen Stablecoin problematisch sein kann. Es ist weniger liquide als kurzfristige Staatsanleihen und unterliegt Preisschwankungen, die in Stressphasen die Deckung gefährden könnten. Zudem bleibt die Transparenz über Verwahrung und Gegenparteien begrenzt, was die Risiken erhöht. Für Tether ist Gold dennoch ein strategischer Stabilitätsanker, während S&P die wachsende Risikoorientierung als Schwachpunkt bewertet.

