- Proof of Reserve ist das Gebot der Stunde für Kryptobörsen nach der FTX-Pleite.
- Aktuell kursieren im Netz Gerüchte, dass Crypto.com nicht mehr über genügend Einlagen verfügt.
- Dabei ist die Situation undurchsichtig, weil die Analyse der involvierten Wallet-Adressen eine hohe Komplexität aufweist.
FTX bereitet dem Markt heftige Kopfschmerzen, denn die Ereignisse überschlugen sich in dieser Woche und das Imperium von Sam Bankman-Fried erlebte einen filmreifen Niedergang. Millionen von FTX-Kunden bleiben jedoch auf dem Schaden sitzen und um für Vertrauen zu werben, haben die meisten Börsen damit begonnen, ein Proof-of-Reserve-Verfahren einzuführen.
Dabei liefern die Börsen einen Bericht ab, der belegen soll, dass die Wallets prall gefüllt sind und genügend Deckung vorhanden ist. Zu groß ist der Vertrauensbruch nach der FTX-Pleite, als dass Kunden ihre Kryptowährungen noch gerne auf einer Börse liegen lassen. Grund genug für die Unternehmen, den Beweis anzutreten.
Doch die Öffentlichkeit zieht die Bilanzen von den Börsen Gate.io und Crypto.com in Zweifel. Da sich die Adressen auf der Blockchain von jedermann auditieren lassen, läuft seit gestern eine kollektive Untersuchung börslicher Finanzen. Dabei wurden einige erstaunliche Entdeckungen gemacht.
Crypto.com schickte 320.000 ETH an die falsche Adresse
Demnach hat Crypto.com heute bestätigt, 320.000 Ether versehentlich an Gate.io geschickt zu haben. Dabei handelt es sich um einen Patzer im Gegenwert von 400 Millionen US-Dollar und um umgerechnet 82 % der Ethereum-Reserve der Börse.
Dieser Umstand hat für Spekulationen und Zweifel an den Bilanzen der beiden Börsen gesorgt. Viele befürchten angesichts des Fehlers, dass die Börsen sich heimlich gegenseitig Kryptowährungen und Stablecoins zuschicken, bevor sie etwaige Berichte erstellen, um die Zahlen zu beschönigen.
Laut Gate.io und Crypto.com liegt der Vorfall drei Wochen zurück. Er fiel nicht mit in den Zeitraum, der die Berechnungsgrundlage für den Bericht von Gate.io bildete und die fragliche Summe sei dementsprechend nicht im Rahmen der Proof of Reserve berücksichtigt worden. Außerdem habe man die Transaktion wieder zurückerstattet, wie Gate.io weiter verlauten ließ. Ursache soll ein Fehler auf der Seite von Crypto.com gewesen sein, der auf ein Whitelist-Verfahren von Wallet-Adressen seiner Partnerunternehmen zurückzuführen ist.
On-Chain-Daten unter der Lupe
Dadurch, dass sich die Analyse als vielschichtig erweist, kursieren aktuell unterschiedliche Thesen im Netz, wie die Finanzen von Crypto.com zu bewerten sind. Ein abschließender Beweis, dass die Börse ein Loch in der Kasse hat, lässt sich dabei jedoch aktuell nicht ausmachen.
Datenmaterial bedarf nicht nur der Betrachtung, sondern auch der korrekten Interpretation und hier weisen diverse Analysen, die auf Social Media geteilt werden, Ungereimtheiten und Schwächen auf. Jedoch dürften die meisten Anleger ihren Risikoappetit gänzlich verloren haben, nachdem ihr Vertrauen erst durch Terra, dann durch Celsius und jetzt durch FTX so sehr missbraucht wurde.
Die Tatsache, dass Crypto.com ganz „casual“ 320.000 Ether an eine falsche Adresse schickt, beruhigt die Unsicherheit bei vielen Anlegern nicht, sondern macht diverse Theorien, die im Netz kursieren, attraktiver. Zeit also sich mit dem Thema Selbstverwahrung zu beschäftigen und die Kryptowährungen dorthin zu holen, wohin sie gehören, nämlich auf das eigene Wallet.