Direkte Staatsfinanzierung durch die Zentralbank ist in den großen Industrieländern wie den USA oder den europäischen Mitgliedsstaaten verboten. Es gab jedoch selten ein Verbot, das so hohl geklungen hat, wie dieses, vor allem wenn man sich die Bilanzen der Zentralbanken anschaut, in denen sich seit der Finanzkrise 2008 eine wachsende Menge an Staatsanleihen tummelt.
Ein Blick hinter die Fassade
Wir leben in Zeiten des ungedeckten staatlichen Geldes. Hinter den Banknoten von heute steckt nicht wie in früheren Zeiten das Versprechen auf einen Umtausch gegen eine entsprechende Menge an Gold, sondern die physischen Papierscheine und virtuellen Einsen und Nullen sind mittlerweile nur noch mit einem gedeckt: unserem Vertrauen in das System.
Ein Staat, der eine Währung in dieser wirtschaftlichen Umgebung ausgeben kann, hat theoretisch eine unbegrenzte Marktmacht, da er mit unlimitierten Geldmengen sämtliche Ressourcen aufkaufen könnte. Damit die Staaten nicht in Versuchung geraten, wurde die Geldpolitik ausgegliedert und die Zentralbanken übernehmen seit einigen Jahrzehnten die Rolle des monetären Wächters.
Im Falle der Federal Reserve – Herausgeber des Dollars und damit die mit Abstand wichtigste Zentralbank der Welt – ist ihr vom Staat erteilter Auftrag klar: Sie soll die Inflation niedrig und die Wirtschaft robust halten. Dazu hat sie allerhand Werkzeuge zur Hand. Der Leitzins als Kostenbarometer für die Vergabe von Krediten ist nur das ordinärste von vielen. Sie kann auch mit direkten Interventionen an den Finanzmärkten eingreifen – wie wir es in der jüngeren Vergangenheit bereits öfters demonstriert bekommen haben.
Wechseln wir kurz die Seiten und schauen, welche Rolle der Staat in der Wirtschaft spielt. Die Aufgabe der Regierung sollte im Idealfall darin bestehen, das öffentliche Wohl zu fördern und die Sicherheit, Ordnung und das Wohlergehen ihrer Bürger zu gewährleisten. Dazu gehört ein Verwaltungsapparat für das Rechtsystem und die allgemeine Sicherheit, sowie öffentliche Dienstleistungen, Bildung und Sozialausgaben. All das muss finanziert werden – indem die Regierung Steuern bei der Allgemeinheit erhebt, für die sie diese Aufgaben erledigen soll.
Oft reichen die gesammelten Steuergelder jedoch nicht und Staaten bedienen sich an den weltweiten Finanzmärkten, indem sie Kredite in Form von Staatsanleihen aufnehmen. Um die besagte Versuchung der unlimitierten Geldausgabe nicht wahr werden zu lassen, ist es den Zentralbanken verboten, Staatsanleihen vom Staat zu kaufen und damit direkte Staatsfinanzierung zu betreiben.
In der Realität wurde dieses Verbot jedoch spätestens seit der Finanzkrise 2008 ad absurdum geführt. Zentralbanken haben in der Krise angefangen, Staatsanleihen am Sekundärmarkt aufzukaufen, um einen Kollaps des globalen Finanzsystems zu verhindern. Sie haben die Anleihen in ihr Balancesheet aufgenommen und den Banken dafür neu erzeugtes Geld zur Verfügung gestellt. Ein signifikanter Teil dieses Geldes ist wiederum in neue Staatsanleihen geflossen. Der Rest hat die Preise von Vermögenswerten in die Höhe schießen lassen. Diverse Finanzmarktteilnehmer haben einen Teil ihrer Gewinne wiederum in Staatsanleihen gesteckt, da diese als sicherer Parkplatz für Kapital gelten.
Die Pandemie hat diese Dynamiken zuletzt wieder deutlich beschleunigt – einerseits, weil die Zentralbanken erneut an den Märkten intervenieren mussten, andererseits, weil erneut diese Sekundäreffekte aufgetreten sind und viel des neu erzeugten Geldes in Staatsanleihen geflossen ist. Letzten Endes findet seit der Finanzkrise 2008 eine in Intervallen auftretende, sehr indirekte Staatsfinanzierung in den USA statt. Einige wenige Finanzmarktteilnehmer, die im Besitz von Vermögenswerten sind, freuen sich besonders darüber, da ihre Vermögenswerte zuerst steigen. Ein Großteil der Wirtschaftsteilnehmer freut sich jedoch seit langem besonders über astronomisch steigende Immobilienpreise und zuletzt auch stark steigende Verbraucherpreise, die durch die Geldmengenausweitung mit einiger Verzögerung auftreten.
Die nächste Runde Schulden-Monetarisierung klopft an der Tür
Die Corona-Krise hat zum ersten Mal seit dem Beginn der Schulden-Monetarisierung dafür gesorgt, dass sich die Geldmengenausweitung auch als ausufernde Inflation bei den Verbraucherpreisen bemerkbar gemacht hat. Der Grund dafür waren die Schuldenexzesse der Regierungen, die die Wirtschaft gegen die ausgerufenen Lockdowns abfedern sollten. Es wurde viel Geld an Unternehmen und Privatpersonen verteilt. Das Geld ist somit über Umwege aus der Druckerpresse in die Realwirtschaft geflossen.
Der anschließende Kampf gegen die Inflation hat jedoch zu einem großen Problem geführt. Die USA befinden sich in einer Sackgasse. Seit Jahrzehnten fährt die Regierung ein immer größeres Defizit. Sie bezahlt also einen wachsenden Teil ihrer Ausgaben über Kredite an den Finanzmärkten. Hier nur ein paar Zahlen, um sich des Ausmaßes bewusst zu werden: Die US-Regierung hat einen Schuldenberg von insgesamt über 34 Billionen Dollar angehäuft. Allein die Zinslast ist im letzten Jahr auf über eine Billionen Dollar gestiegen. Wie Daten des US-Finanzministeriums besagen, hat die USA in diesem Fiskaljahr (Start Oktober 2023) bereits über eine Billionen Dollar ausgegeben. Eingenommen hat sie bisher jedoch nur 678 Milliarden Dollar. Damit ist sie auf dem besten Weg, den Rekorddefiziten der letzten Jahre treu zu bleiben. Letztes Jahr hat das Defizit 1,7 Billionen Dollar betragen. Die beiden Rekordjahre waren jedoch die Pandemiejahre mit über 3 Billionen Dollar an Defiziten in 2020 und 2,7 Billionen Dollar in 2021.
Wenn man sich die langfristige Zinsentwicklung anschaut, war diese Taktik in den letzten Jahren zwar unverantwortlich und kurzsichtig, doch sie hat sehr wohl funktioniert, weil die Zinsen über lange Zeiträume immer weiter gesunken sind – sowohl der von der Federal Reserve gesetzte Leitzins am kurzen Ende als auch die Marktzinsen am langen Ende der Zinskurve. Eine immer größere Schuldensumme war dadurch möglich, weil die Zinslast durch die sinkenden Zinsen in etwa gleichgeblieben ist.
Doch spätestens seit 2022 ist die Party vorbei, denn die Fed musste die Zinsen aggressiv erhöhen, um keine Inflation zu riskieren, die komplett aus dem Ruder läuft und die Währungsstabilität zerstört – was der Tod einer Wirtschaft wäre. Doch wenn dieses Hochzinsumfeld lange aufrechterhalten wird, wäre das langfristig der Tod für die US-Regierung, da das über Jahrzehnte mit billigem Geld hochgejagte Schuldenkonstrukt unter diesen Bedingungen stark einsturzgefährdet ist.
Es gibt drei Möglichkeiten, wie die USA aus dieser Nummer wieder rauskommen.
Möglichkeit 1: Ein unglaublicher Wirtschaftsboom
Sollte die Produktivität der Wirtschaft äußerst stark anziehen, dann würden auch die Steuereinnahmen der Regierung stark steigen und sie wäre in der Lage, die Schulden mit Steuergeldern zu tilgen und nicht über die Neuaufnahme von Schulden. Die USA haben zwar in den letzten zwei Jahren einige starke Infrastrukturprogramme auf den Weg gebracht, doch es wäre Wunschdenken, davon auszugehen, dass es zu einem Wirtschaftswunder kommt, das in der Lage wäre, das zu bewerkstelligen. Das Versprechen von Künstlicher Intelligenz und den Auswirkungen auf die Wirtschaft macht das zwar nicht komplett abwegig, doch selbst wenn dürfte das noch einige Jahre auf sich warten lassen.
Möglichkeit 2: Eine deflationäre Schuldentilgung.
Dieses Szenario wäre die harte Tour. Die Zinsen bleiben hoch, die Inflation gering und der Druck auf die Wirtschaft hoch. Die US-Regierung müsste extreme Einsparungen machen und Ausgaben drastisch kürzen. Das würde auch die US-Wirtschaft stark unter Druck setzen, da direkte Geldflüsse an den amerikanischen Konsumenten, unter anderem in Form von Sozialausgaben, aber auch Firmen aus diversen Branchen wie bspw. dem Bausektor weniger Aufträge und Geld zufließen würden. Ein Auslaufen der Schulden würde zudem zu einer Verringerung der Geldmenge führen, was die Preise von Vermögenswerten unter Druck setzen würde, da weniger Geld im Umlauf wäre, welches in sie hineinfließen könnte.
Möglichkeit 3: Eine inflationäre Schuldentilgung
Die dritte Möglichkeit ist angesichts der Verhaltensweisen der politischen Entscheider in den letzten Jahrzehnten die wahrscheinlichste: Es wird über die Druckerpresse geregelt. Irgendwie müssen die Staatsanleihen der USA in das Balancesheet der Federal Reserve gelangen. Denn einmal dort drin, würden sämtliche Zinszahlungen wegfallen. Rein formal würden die Zahlungen immer noch fließen. Doch die Federal Reserve führt sämtliche Überschüsse, die durch ihre geldpolitischen Handlungen entstehen, an die Regierung ab. Die Regierung würde die Zinsen also im Endeffekt an sich selbst bezahlen.
Wie sie das Handhaben werden, ist die Frage der Stunde. Seit der Aufarbeitung der Finanzkrise wird das Balancesheet der Fed mit Argusaugen betrachtet und die Kritik an den geldpolitischen Interventionen wird laufend größer. Ein simples Aufkaufen der Staatsanleihen im ganz großen Stil wird wohl politisch nicht mehr vermittelbar sein. Doch die geldpolitischen Entscheidungsträger haben in der Vergangenheit auch gezeigt, dass sie erfinderisch sind. Die Fed wird vielleicht ein neues Instrument aus dem Hut zaubern, so wie sie es im Zuge der Bankenkrise im März 2023 gemacht und ein „Notfall-Liquiditätsprogramm“ für die Banken ausgerufen hat. Vielleicht wird es etwas ähnliches geben, dass den Haltern von US-Staatsanleihen einen Anreiz dazu gibt, diese an die Fed zu verkaufen. Klar ist, dass irgendetwas in Bewegung gesetzt werden muss, damit die US-Regierung sich weiterhin refinanzieren kann. Die Uhr tickt.
Darum profitiert Bitcoin
Egal, welche neue Methode sich die geldpolitischen Entscheidungsträger letzten Endes ausdenken werden, die 3. Möglichkeit bleibt die wahrscheinlichste und damit auch eine weitere Geldmengenausweitung. Und in diesem Umfeld zeigt Bitcoin seine wahre Stärke als ein Asset, welches nicht nur digital limitiert ist, sondern auch autonom funktioniert und damit als Alternative zum zunehmend fragiler werdenden Geldsystem attraktiver wird.
In dieser Kolumne habe ich die Gründe beschrieben, warum die nächste Runde der Schulden-Monetarisierung wahrscheinlich ist. In meiner letzten Kolumne bin ich ausführlich darauf eingegangen, warum Bitcoin als eines der wenigen Assets an den Finanzmärkten wirklich eine Outperformance gegenüber der Geldmengenausweitung aufweist.
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