Monero (XMR) gilt gemeinhin als die beste Option, um Transaktionen vor neugierigen Blicken zu verbergen. Während Datenschützer den Privacy-Coin befürworten, bereitet Monero den Behörden tendenziell Kopfschmerzen. Denn die Kryptowährung wird im Darknet immer beliebter, weil auch Kriminelle ein hohes Interesse daran haben, ihre Finanzflüsse möglichst zu verschleiern. Zwar gibt es auch andere Möglichkeiten, um Transaktionsflüsse zu tarnen, doch Monero hat einige technische Features implementiert, die Absendern und Empfängern ohne zusätzlichen Aufwand einen relativ hohen Schutz gewähren.
Da dieser Schutz bereits sehr ausgeprägt ist, konnte Monero im laufenden Bullenmarkt deutlich zulegen. Schließlich verhilft der Status als Goldstandard unter den Privacy-Coins zu einer steigenden Nachfrage. Zwar kam XMR wie viele andere Altcoins nicht an sein Allzeithoch von 2021 heran, konnte aber mit einem Jahreshoch von 419 US-Dollar eine passable Performance vorweisen. Seit Mitte Juli hat diese steile Kurve jedoch einen merklichen Knick bekommen, der durch einen besorgniserregenden Vorfall verstärkt wurde. Aktuell notiert XMR nur noch bei 250 US-Dollar, und obwohl sich hier eine mögliche Unterstützung befindet, sind viele Anleger angesichts der jüngsten Meldungen über Monero verunsichert.
Denn das Token-Projekt Qubic hat das Monero-Netzwerk erfolgreich angegriffen. Für eine Kryptowährung ist das eigentlich ein GAU und kann zu irreparablen finanziellen Schäden bei den Anlegern führen sowie das Vertrauen in die jeweilige Blockchain dauerhaft zerstören. Dennoch hält sich Monero angesichts der Hiobsbotschaft vergleichsweise stabil – ein Grund dafür dürfte die Verwirrung sein, die der Vorfall gestiftet hat. Nach Ansicht einiger Experten handelt es sich um eine sogenannte 51 %-Attacke, während andere lediglich von einer sogenannten Chain-Reorg sprechen. Beides ist nicht gut für das Vertrauen in das Netzwerk, hat jedoch eine sehr unterschiedliche Tragweite.
Qubic spricht von einer Demonstration
Das Projekt Qubic hat nach eigenen Angaben am 11. August 2025 zeitweise mehr als die Hälfte der Rechenleistung im Monero-Netzwerk kontrolliert und dabei eine Reorg der Blockchain herbeigeführt. Qubic spricht selbst von einer geplanten und im Voraus angekündigten Demonstration seiner „Outsourced Computations“-Technologie. Diese sei Teil eines seit Wochen laufenden Experiments gewesen, um den eigenen „Useful Proof of Work“-Ansatz unter realen Bedingungen zu testen.
Laut Qubic wurde die Übernahme in zwei Phasen umgesetzt. Ein erster Versuch scheiterte an massiven Gegenmaßnahmen, darunter anhaltende DDoS-Angriffe. In der finalen Phase setzte das Team auf eine Selfish-Mining-Strategie. Gefundene Blöcke wurden zurückgehalten und gezielt veröffentlicht, um die öffentliche Chain zu überholen und einen überproportionalen Anteil der Blockbelohnungen zu sichern. In einem Messfenster von 122 Blöcken habe der Qubic-Pool 63 Blöcke gefunden – deutlich mehr als die angestrebten 51 %.
Die vollständige Übernahme des Monero-Konsenses habe man bewusst nicht vollzogen, um mögliche negative Auswirkungen auf den Kurs zu vermeiden. Qubic wertet das Ergebnis als Beleg dafür, dass gezielte wirtschaftliche Anreize ausreichen können, um Miner aus etablierten Netzwerken in alternative Strukturen zu ziehen.
Wahrscheinlich nur ein Reorg
Unabhängige Untersuchungen, unter anderem von BitMEX Research, gehen davon aus, dass Qubic den Vorfall überzeichnet hat. Zwar hatte das Projekt zeitweise einen hohen Anteil an der Rechenleistung, doch nach Einschätzung von BitMEX reichte dieser nicht aus, um eine klassische, dauerhafte 51 %-Attacke durchzuführen.
Stattdessen sei es zu einem kurzfristigen Reorg gekommen, der lediglich sechs Blöcke umfasste – ein im Gesamtbild eher geringer Wert.
Anleger, die Monero halten oder transferieren, sollten vorsorglich warten, bis eine Transaktion mindestens 20 Bestätigungen erhalten hat. Damit sinkt das Risiko erheblich, dass sie durch einen späteren Reorg rückgängig gemacht wird.
Reorg und 51 %-Angriff: Was ist der Unterschied?
In Proof-of-Work-Blockchains wie Bitcoin oder Monero kann es zu einer sogenannten Reorg kommen, wenn plötzlich eine alternative Blockchain-Version mit mehr kumulierter Rechenarbeit auftaucht als die bisher gültige Chain.
In diesem Fall verwerfen die teilnehmenden Nodes die kürzere Chain und übernehmen die längere. Dies geschieht in der Regel unbeabsichtigt, etwa wenn zwei Miner fast gleichzeitig einen Block finden, kann aber auch gezielt herbeigeführt werden. Während ein klassischer 51 %-Angriff voraussetzt, dass ein Akteur die Mehrheit der gesamten Hashrate kontrolliert und somit jederzeit die längste Blockchain erzeugen kann, sind kleinere Reorgs auch mit weniger Rechenleistung möglich.
Ab einem theoretischen Schwellenwert von etwa einem Drittel der Hashrate kann sogenanntes Selfish Mining profitabel sein. Dabei werden gefundene Blöcke zunächst zurückgehalten, um im Verborgenen eine längere Blockchain aufzubauen, die später veröffentlicht wird und mit der bis dahin gültigen Chain konkurriert und sie schließlich für einige Blöcke verdrängt. Im Unterschied zum 51 %-Angriff ist ein solcher Eingriff jedoch weder garantiert noch beliebig wiederholbar, und er eignet sich eher zum kurzzeitigen Manipulieren der Blockreihenfolge als zum sicheren Durchführen von Double-Spend-Angriffen.