Der gescheiterte Milliardär Sam Bankman-Fried gab der New York Sun ein Interview. Der FTX-Gründer verbüßt eine 25-jährige Haftstrafe, nachdem seine Unternehmen Kundengelder veruntreut hatten. Bei dem Betrug wurden Kundeneinlagen der Börse FTX in Bankman-Frieds Investmentunternehmen Alameda Research eingebracht. Weil sich Alameda verzockte, flog der Schwindel auf, denn FTX konnte die Nutzer nicht mehr auszahlen, die im November 2022 in Scharen die Plattform verließen.
Reue ist in dem 45-minütigen Gespräch allerdings ein untergeordnetes Thema. Stattdessen thematisiert er den großen Verlust, den er persönlich erlitten hat, und stilisiert sich als Opfer der Biden-Administration.
Demnach hätten seine Komplizen mildere Strafen als er erhalten, weil sie mit den Demokraten in Verbindung standen, wie Bankman-Fried in dem Interview zu verstehen gab. Das US-Justizministerium soll also politisiert gewesen sein und sich deshalb mit voller Härte gegen ihn gewandt haben. „SBF“ beteuerte in dem Gespräch erneut seine Unschuld und gab außerdem zu verstehen, dass er den Republikanern näherstand, als bisher öffentlich bekannt war.
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Mehr InformationenMedienberichten zufolge sollen die Eltern von „SBF“ auf eine Begnadigung durch den amtierenden US-Präsidenten Donald Trump hinarbeiten. Dieser Umstand lässt das Interview in einem anderen Licht erscheinen, denn Bankman-Fried scheint darauf zu spekulieren, mit diesen Aussagen die Gunst von Trump gewinnen zu können. Trump hatte die Bitcoin-Ikone Ross Ulbricht begnadigt, der eine lange Haftstrafe verbüßen musste, die von vielen Prozessbeobachtern als zu hart eingestuft worden war.
„SBF“ kann die Realität nicht akzeptieren
Es gibt zwischen Ulbricht und Bankman-Fried jedoch einen großen Unterschied. Ross Ulbricht steht zu seinen Taten und hat verstanden, dass man keine Darknet-Marktplätze betreiben sollte. Zudem unterschlug Ulbricht kein Geld von Zehntausenden Kunden, sondern alle Nutzer von Silk Road waren freiwillig dabei – auch wenn sie gleichermaßen in kriminelle Aktivitäten verwickelt waren.
SBF hat anscheinend ein Problem mit den Konsequenzen seiner Taten. Er war auch nie ein Freund der Republikaner, sondern spendete öffentlichkeitswirksam Millionen von US-Dollar an das Lager der Demokraten. Damit erhoffte er sich größeren Einfluss auf das regulatorische Regime in den USA und gute Kontakte zur SEC. Diese Spenden wurden der ganzen Branche zum Verhängnis, denn die SEC zeigte sich nach dem Zusammenbruch von FTX besonders hartnäckig in der Verfolgung von Krypto-Unternehmen. Insofern war die Stimmung tatsächlich aufgeheizt und politisiert, weil sich die damals amtierende Biden-Administration durch die Spenden in Bedrängnis gebracht sah.
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SBF wurde also nicht hart verfolgt, weil er keinen guten Draht zu den Demokraten hatte, sondern weil er schmutziges Geld spendete – was ihm selbst und sonst niemandem anzulasten ist. Obendrein waren alle anderen Komplizen auch vollumfänglich geständig, was ihnen mildernde Umstände verschaffte. Lediglich Ryan Salame verweigerte die Aussage gegen SBF und bekam als einziger Mittäter eine deutlich härtere Haftstrafe von mehr als sieben Jahren.
Doch damit hört es nicht auf. In dem Interview zieht er Parallelen zwischen sich und Präsident Trump, der in seinen Strafverfahren mit dem gleichen Richter konfrontiert war. Ob es ihm helfen wird, sich bei Trump anzubiedern, ist fraglich. Trump konnte bei den Wählern Sympathiepunkte mit der versprochenen Freilassung von Ulbricht gewinnen. SBF ist aber bei niemandem beliebt, denn seine Unternehmen schulden Gläubigern Milliardenbeträge.
Die Tatsache, dass der Insolvenzverwalter im US-Verfahren mit den Auszahlungen begonnen hat, dürfte ihn bei vielen Betroffenen nicht beliebter machen. Warum sollte Trump ihn also begnadigen?
Was spricht für Bankman-Fried?
Auch wenn die Beweislage vernichtend war und Bankman-Fried nicht auf die Sympathie der breiten Masse hoffen kann, hat er ein Argument, das für ihn spricht und bisher kaum Gehör fand. Seine Behauptung, unschuldig zu sein, beruht auf der Annahme, dass er nicht genug Zeit hatte, die digitalen Assets aus seinem Firmengeflecht zu veräußern. Tatsächlich sieht es danach aus, als ob genug Geld auf dem Tisch liegt, um die Gläubiger aus den verschiedenen Insolvenzverfahren zu bedienen.
Richter Kaplan hielt dem Verurteilten damals jedoch vor, dass ein Dieb, der seine Beute in Vegas verwettet und gewinnt, keine mildernden Umstände zu erwarten hat. Doch hätte die Welt SBF wirklich verflucht und bestraft, wenn er das Geld der Kunden am Ende gehabt hätte?
Aus juristischer Sicht mag das keine Rolle spielen, aber genau dieser Aspekt seiner Argumentation ist nicht völlig abwegig. Bankman-Fried will geltend machen, dass er keinen Schaden angerichtet hätte, wenn man ihn nur hätte machen lassen. Er behauptet, dass es keine Insolvenz gab, sondern nur eine Liquiditätskrise, die sich schließlich ausweitete.
Bankman-Fried ist gegen sein Urteil in Berufung gegangen. Ob er mit seiner Darstellung in einem Berufungsverfahren Erfolg haben wird, ist jedoch fraglich.