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Blick auf die Bitcoin Saisonalität – „Sell in May and go away“?


Nach dem beeindruckenden Jahresstart im ersten Quartal und dem Run bis über das letzte Allzeithoch hat Bitcoin mittlerweile sein kurzfristiges Momentum eingebüßt und befindet sich in einem Seitwärtskanal zwischen 70- und 60.000 Dollar. Während der allgemeine Optimismus am Markt relativ hoch bleibt, dass dies nur eine kurze Pause innerhalb des Bullruns darstellt, mehren sich jedoch auch die Analystenstimmen, die einen deutlicheren Ausbruch nach unten befürchten.

Sell in May and go away? Ein Blick auf die Saisonalität von Bitcoin

Bitcoin ist als Asset mittlerweile an den Finanzmärkten angekommen und wird daher ebenfalls von makroökonomischen Faktoren, die den Lauf der Börsen bestimmen, beeinflusst. Daher ist die Frage berechtigt, ob das an der Börse oft wahre Sprichwort „Sell in May and go away – but remember to come back in September“ in diesem Jahr auch für Bitcoin gelten könnte.

Ein Blick auf die Saisonalität von Bitcoin zeigt, dass der Mai in der Vergangenheit eher ein schwacher Monat für die Preisentwicklung war. Die durchschnittliche Kursperformance liegt laut Daten der On-Chain-Analyse-Firma Coinglass (seit Aufzeichnung 2013) zwar bei plus 7,66%, der Durchschnittswert ist aufgrund der wiederkehrend hohen Ausreißer der Bitcoin-Performance weniger sinnvoll als der Median-Wert. Dieser liegt für Mai bei minus 3,17%.

Allerdings sollte man die Saisonalität von Bitcoin im Hinblick auf die wiederkehrenden vierjährigen Zyklen um die Halvings herum ebenfalls berücksichtigen. Ein Halving-Jahr war, genau wie dieses, bisher stets das Jahr, indem ein Bitcoin-Bullrun richtig an Fahrt aufgenommen hat. In den vergangenen Halving-Jahren 2012, 2016 und 2020 war der Mai stets ein positiver Monat mit einer Performance von 8%, 18,7% bzw. 9,5%. Währenddessen hat er in den anderen Jahren überwiegend schlecht performed und war selbst in den Jahren nach dem jeweiligen Halving, in dem sich bisher der jeweilige Höhepunkt eines Bitcoin-Bullruns abgespielt hat, öfter ein Monat mit negativer als mit einer positiven Performance. Lediglich im Jahr 2017, als der Bitcoin-Preis die Marke von 20.000 Dollar im Finale des vorletzten Bullruns angekratzt hat, hatte er mit einem Plus von 52,7% seinen bisher besten Monat.

Schaut man auf den erweiterten Zeitraum Mai bis September, erweist sich das Sprichwort wohl insgesamt als richtig, da der Juni mit einem Median-Wert von nur 2,2% im Vergleich zu anderen Monaten auch eher schwach performed und der Durchschnittswert von nur plus 0,25% darauf hinweist, dass es im Juni schon oft heftige Abverkäufe gegeben hat. Beispielsweise in den Bärenmarkt-Jahren 2018 und 2022 mit Verlusten von 14,6% bzw. 37,28%. Der August und September sind mit einem Median-Wert von minus 7,5% bzw. minus 5,6% ebenfalls schwach. Der einzige positive Ausreißer ist der Juli mit einem Median von plus 9,6%.

Ins Schwarze trifft das Sprichwort, wenn man es denn auch bei Bitcoin anwenden möchte, vor allem mit seinem Ratschlag, im September wieder in den Markt einzusteigen, den die historisch mit Abstand stärkste Marktphase für Bitcoin liegt im vierten Quartal eines Jahres. Alle Allzeithochs, die den Peak eines jeweiligen Bullenmarktes markiert haben, sind bisher im vierten Quartal eines Jahres aufgetreten. 2013 und 2021 haben wir den Peak im November gesehen, 2017 hat Bitcoin seinen Höhepunkt im Dezember erreicht. Die Median- und Durchschnittswerte liegen in diesen drei Monaten ebenfalls mit Abstand am höchsten. Der Oktober zeigt den höchsten Median-Wert des Jahres mit einem Plus von 27,7%. Der November liegt bei einem Median von plus 8,8%, der hohe Durchschnittswert von 46,8% zeigt jedoch, die in vielen Jahren aufgetretenen, extremen Rallys. Der Dezember markiert den Schluss mit schwächeren Werten, mit einem Durchschnittswert von plus 5,5% und einem Median sogar im Minus-Bereich von minus 3,6%.

Wie sieht es für dieses Jahr aus?

Der Jahresanfang war ungewöhnlich stark. Das letzte Mal haben wir so hohe Performances von Januar bis März im Jahr 2021 und im Jahr 2013 gesehen. Angetrieben wurde die starke Preisentwicklung von den neuen ETF-Märkten, die der Wallstreet das Tor in die Krypto-Welt geöffnet haben. Der größte Treiber war jedoch die neue Liquidität, die über verschiedene Mechanismen in die Märkte geströmt ist. Der größte Auslöser ist hier die Schuldenpolitik der US-Regierung, die über die Ausgabe von kurzfristig laufenden Anleihen eine Drainage aus der Reverse Repo Facility ausgelöst hat, einem isolierten Geldtopf der US-Notenbank, der seit Corona reichlich gefüllt war und nun durch die hohen Zinsen am kurzen Ende der Zinskurve über die Ausgabe neuer Staatsanleihen entleert wird, da vor allem Geldmarktfonds die höhere Rendite bei Anleihen mitnehmen möchten.

Diese Dynamiken haben sich seit Februar abgeschwächt und auch die Rally des Bitcoin-Kurses gebremst. Bitcoin als Asset reagiert mit der größten Sensibilität auf eine Veränderung der Geldmenge und Liquidität im System. Die US-Regierung hat aufgrund saisonaler Effekte derzeit eine große Menge an Steuereinnahmen und muss daher weniger Schulden aufnehmen. Dadurch gerät weniger neue Liquidität ins System. Das wird sich jedoch wieder ändern, sobald das Geld aufgebraucht ist. Die US-Regierung fährt einen defizitären Haushalt und muss bald wieder sehr viele neue Schulden aufnehmen. Gleichzeitig erwägt die Fed, die Geschwindigkeit des Quantitative Tightenings, also des Abbaus des eigenen Balancesheets, prall gefüllt mit US-Staatsanleihen und mortage backed securities, bereits im Mai deutlich zu verringern.

Bald dürfte sich die Liquiditätssituation also wieder deutlich verbessern. Das Timing vorherzusagen ist wie immer eine schwierige Kunst. Es könnte durchaus sein, dass diese Effekte erst später im Jahr zur Geltung kommen und das Sprichwort einmal mehr ein präzises Timing liefert. Für langfristig orientierte Investoren ist das ohnehin zweitrangig. Die fundamentale Situation bleibt dieselbe: die Probleme im US-Bankensektor und bezüglich der Schuldensituation der US-Regierung können nur durch eine lockere Geldpolitik und künstliche Liquidität beantwortet werden, da am Markt nicht mehr genug Ressourcen vorhanden sind, um die neuen Schulden aufzukaufen. Zur Alternative eines extrem restriktiven Sparprogramms wird sich kein Politiker hinreißen lassen, der in diesem US-Wahljahr (wieder)gewählt werden möchte. Die neue Liquidität wird Vermögenswertpreise – allen voran den Bitcoin-Kurs – erneut aufblähen.

Denken Sie langfristig!

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