Märkte

Krypto-Investments: Diese 4 Fehler sollte jeder vermeiden


Es ist kein Geheimnis, dass der Krypto-Markt in den letzten Jahren spektakuläre Höhen und ebenso beeindruckende Tiefen erlebt hat. Viele, die sich frühzeitig engagiert haben, feiern beeindruckende Gewinne, während andere, die vielleicht später eingestiegen sind oder auf das falsche Asset gesetzt haben, sich an den Kopf fassen und sich fragen, wo es schiefgelaufen ist. Aber hinter diesen Erfolgen und Misserfolgen stecken nicht nur Marktmechanismen und Glück, sondern auch eine Reihe an Denkfehlern, die unsere Entscheidungen beeinflussen – oft zum Schlechten.

Im Rückblick auf den letzten Krypto-Bullrun, den ich als Investor miterlebt habe, kann ich nicht umhin, meine Entscheidungen zu überdenken und festzustellen, dass ich Opfer einiger dieser Verzerrungen geworden bin. In dieser Kolumne möchte ich meine größten Denkfehler beleuchten, die ich begangen habe, und wie sie meine Investitionsentscheidungen während dieses wilden Ritts beeinflusst haben. Vielleicht können neue Investoren dadurch lernen und nicht dieselben Fehler begehen, die mich einiges an Rendite gekostet haben.

Kognitive Verzerrungen – Wir selbst sind unsere größte Hürde zum Erfolg

Kognitive Verzerrungen sind systematische Muster von Abweichungen vom Norm- oder Standarddenken, die dazu führen, dass wir Urteile fällen, die objektiv betrachtet nicht korrekt oder nicht optimal sind. Sie sind das Ergebnis unseres Gehirns, das versucht, die immense Informationsflut, mit der wir täglich konfrontiert werden, zu vereinfachen und zu verarbeiten. Einfach ausgedrückt, sind kognitive Verzerrungen „Denkfehler“, die uns oft unbewusst beeinflussen und zu Fehlentscheidungen führen können.

Die Finanzmärkte sind ein prädestiniertes Umfeld, um auf Denkfehler hereinzufallen. Gerade weil der menschliche Geist nicht dafür geschaffen ist, sich ständig mit komplexen Finanzdaten und Marktanalysen zu beschäftigen, greifen wir oft auf intuitive Annahmen und vereinfachte Denkmuster zurück. Diese Muster sind tief in unserer Evolution verwurzelt und waren in vielen Fällen hilfreich für unser Überleben. In der modernen, komplexen Finanzwelt können sie uns jedoch in die Irre führen und zu kostspieligen Fehlentscheidungen führen.

Auf folgende Denkfehler bin ich in meiner bisherigen Karriere als Krypto-Investor – in mal mehr mal weniger großem Ausmaß – hereingefallen:

Ankereffekt

Der Ankereffekt bezeichnet die Tendenz des Menschen, sich bei Entscheidungen zu stark an einer anfänglichen Information oder Zahl (dem „Anker“) zu orientieren, selbst wenn diese Information irrelevant oder fehlerhaft ist.

Bei mir hat das ganz klar auf das Stock to Flow Modell und die in diesem Zusammenhang ausgerufenen Preisziele für Bitcoin von 100.000 Dollar und mehr zugetroffen. Dieses Modell wurde durch den pseudonymen Analysten PlanB auf Twitter etwa im Jahr 2019 populär und besagt, dass der Wert von Bitcoin im direkten Zusammenhang mit seiner Knappheit steht, wobei die Knappheit durch das Verhältnis von bereits vorhandenen Bitcoins (Stock) zu neu geschaffenen Bitcoins (Flow) bestimmt wird.

Sehr viele Marktteilnehmer haben sich an dem durch dieses Modell prognostizierte Preisziel von 100.000 Dollar für nach dem dritten Halving in 2020 orientiert – so auch ich – und haben dadurch den Peak Ende 2021 bei einem Preisniveau von 69.000 Dollar pro Bitcoin deutlich überreizt. Bitcoin als Zugpferd für den gesamten Sektor bestimmt Anfang und Ende der übergeordneten Marktphasen. Die Ankündigung einer 180 Grad Drehung der Geldpolitik in den USA Ende 2021 war das Startsignal für einen Bärenmarkt an den Finanzmärkten. Dennoch hat der Ankereffekt Tribut gefordert und ich habe lange am 100.000 Dollar Preisziel festgehalten. Erst Ende des ersten Quartals 2022 habe ich Gewinnmitnahmen realisiert – zu einem Zeitpunkt, an dem der Markt bereits deutlich korrigiert hatte.

In die irrtümliche Annahme der Korrektheit des Stock to Flow Modell Preisziels haben weitere Denkfehler mit hineingespielt. Darunter auch der Backfire Effekt, der auftritt, wenn die Konfrontation mit korrigierenden Fakten bewirkt, dass jemand an einer falschen Überzeugung noch stärker festhält, anstatt seine Meinung zu ändern. Das Modell schien aus meiner Sicht und der vieler anderer zu gut zu sein, auch anhand vergangener Preisdaten, als das Gegenargumente hätten überzeugen können.

Ebenfalls mithinein spielen hier der Confirmation Bias, der dazu verleitet, vor allem bestätigende Informationen zu konsumieren und stärker zu gewichten, sowie die Belief Perseverance, die Investoren trotz neuer Informationen an der ersten getroffenen und gefestigten Hypothese festhalten lassen.

Zuletzt gilt für das Stock to Flow Modell und generell die Preiszyklus-Theorie von Bitcoin auch die Clustering Illusion, also die Neigung, in Datenströmen Muster zu erkennen, selbst wenn gar keine da sind. Es gibt sehr viele überzeugende Modelle und Argumente dafür, dass Bitcoin sich tatsächlich in Zyklen bewegt. Doch diese widersprechen einander teilweise und man darf nie vergessen, dass es für die Bitcoin-Preisentwicklung aufgrund seiner immer noch relativ jungen Lebensdauer nur sehr wenig analysierbare Preisdaten gibt.

Eskalierendes Commitment

Ein weiterer, stark verbreiteter Denkfehler im Krypto-Sektor, dem auch ich unterlegen bin, ist das eskalierende Commitment. Dieser Denkfehler beschreibt die Tendenz, sich gegenüber einer früher getroffenen Entscheidung verpflichtet zu fühlen und weiter Ressourcen in sie zu investieren, obwohl sich diese Entscheidung bisher als ineffektiv oder falsch erwiesen hat. 

Im Endeffekt der absolute Klassiker im Krypto-Space: Investoren, die sich zu sehr in eine Altcoin-Position verlieben und sie ohne Gnade in den Keller reiten, meist sogar noch ihre Positionen mitten in einem Bärenmarkt weitererhöhen und versuchen, das „fallende Messer“, zu dem der Kurs in dieser Marktphase wird, aufzufangen.

Das muss nicht unbedingt ein Fehler sein, denn sollte sich ein Projekt wirklich aus gut erweisen, dürften solche Käufe langfristig zu einer sehr positiven Rendite führen. Hier tritt jedoch die ganz eigene Dynamik des Krypto-Sektors oft als Spielverderber auf. Ähnlich wie es in der Dotcom Bubble der 2000er der Fall gewesen ist, verschwindet ein überwältigender Teil aller Krypto-Projekte in der Versenkung. Meistens ist nach spätestens einem Bullrun Schluss, wenn der Hype und ein mögliches Narrativ dahinter ausgelutscht sind und das Projekt keinen starken Usecase, ergo ein Produkt oder eine Dienstleistung liefert, die wirklich einen Sinn für den Sektor haben.

In diese Dynamik spielt auch der Survivorship Bias mit hinein. Die Beispiele der wenigen erfolgreichen Projekte werden bei diesem Denkfehler viel höher gewertet als die zahllosen toten Projekte, die die Krypto-Friedhöfe in den hinteren Seiten der Marktdatenanbieter coinmarketcap und coingecko pflastern und kein signifikantes Tradingvolumen mehr verzeichnen. Auch ich habe einige vergessene Leichen in meinen Wallets begraben, die nun lediglich als mahnende Erinnerung dienen, dass das Zeitfenster für Altcoins ein kurzes ist und man sich in einem Bullrun ohne Gnade auf Gewinnmitnahmen konzentrieren sollte, egal wie vielversprechend das Projekt auch erscheint. Der Krypto-Sektor ist immer noch größtenteils Spekulation auf die Zukunft und die wenigsten Projekte werden den Test der Zeit bestehen.

Belief Bias, Wahrheitseffekt und Mitläufereffekt

Diese Denkfehler haben vor allem mit der Krypto-Community und dem Austausch untereinander zu tun. Der Krypto-Sektor hat hervorragende Denker und Experten aus diversen Fachdisziplinen angelockt und, einmal in das Krypto-Rabbithole abgetaucht, kann man wirklich extrem viel lernen und seinen Horizont entsprechend erweitern. Vor allem Twitter und Youtube haben sich als Hauptmarktplätze für den Ideenaustausch und Diskurs über den Sektor etabliert.

Doch neben dem großen Mehrwert, den dieses Sammelsurium an Wissen bietet, ist auch eine gewaltige Menge Unsinn und schlicht Fehlinformation dabei. Wenn man sich in dieses Terrain wagt, kann man schnell auf einige Denkfehler hereinfallen. Der Belief Bias, also die Tendenz, glaubwürdige Schlussfolgerungen zu akzeptieren, unabhängig davon, ob sie logisch korrekt sind, kann hier besonders schnell passieren, da die verschiedenen Thesen oft mit einer riesigen Menge an Selbstvertrauen und Endgültigkeit vorgetragen werden, die eine scheinbare Aura der Expertise um die entsprechenden Akteure herum erzeugen. Hier trifft bei den Verantwortlichen ebenfalls häufig der Dunning-Kruger-Effekt auf, also die Tendenz, das eigene Können zu überschätzen und die Kompetenz anderer zu unterschätzen.

Mit in die Mischung hinein kommt oft der Mitläufereffekt, da die Twitter-Echokammer oft dazu einlädt, sich der begeisterten Bewegung hinter einer Idee oder einem Coin anzuschließen, da die scheinbare Größe und Einigkeit der Bewegung die Relation zum tatsächlichen Markt in der eigenen Wahrnehmung oft verzerrt. Zusätzlich dazu ruft die Echokammer oft den Denkfehler des Wahrheitseffekts hervor. Das ist die Tendenz, Aussagen, die zuvor bereits gehört wurden, einen größeren Wahrheitsgehalt zuzusprechen als solchen, die man zum ersten Mal hört.

Respect the Pump AND Respect the Dump

Neben diesen allgemeinen Denkfehlern erzeugt auch die einzigartige Dynamik des Krypto-Sektors eigene Herausforderungen. Im letzten Bullrun habe ich beispielsweise die Macht hinter Meme-Coins überhaupt nicht ernst genommen. Natürlich muss man sich bei diesen Assets der – sogar für Krypto-Verhältnisse – extrem spekulativen Natur bewusst sein. Doch es lässt sich nicht leugnen, dass Meme-Coins wie Dogecoin oder Shiba Inu mit die stärksten Renditen am gesamten Markt eingefahren haben.

In der extremen Dynamik des Krypto-Sektors liegt noch eine weitere Herausforderung, die weniger mit dem Verlustrisiko als viel mehr mit der anderen, eigentlich positiven Seite der Medaille zu tun hat. Man kann in bestimmten Marktphasen wirklich extreme Gewinne verzeichnen. Vor dem letzten Bullenmarkt hatte mein Krypto-Portfolio keine nennenswerte Größe. Innerhalb weniger Monate ist der Wert meines Portfolios jedoch auf Höhen geklettert, die für mich vorher nicht wirklich realistisch erschienen sind. Umso erschreckender ist im Nachhinein die Erkenntnis für mich, wie schnell ich mich an diese Zahlen gewöhnt und sie entsprechend als selbstverständlich angesehen habe.

Ich habe keinen Grund mich zu beschweren, denn ich habe einen signifikanten Teil meines Altcoin-Portfolios in Gewinne umgewandelt und sehr davon profitiert. Doch eine in Teilen fehlende Demut meinerseits gegenüber diesen signifikanten Gewinnen und eine schnelle „Gewöhnung“ an diesen Zustand haben doch dazu beigetragen, dass ich Potenzial für Gewinnmitnahmen ausgelassen habe, die der anschließende Bärenmarkt dann vorerst für einen langen Zeitraum zunichte gemacht hat. Deswegen möchte ich an dieser Stelle den Krypto-Youtuber und Unternehmer Ivan on Tech zitieren, der eine ähnliche Erkenntnis hin und wieder mit einem Augenzwinkern verdeutlicht:“Respect the pump AND respect the dump!“

Sie sehen also, dass es eine üppige Auswahl an Denkfehlern gibt, die einem das Leben als Investor schwer machen können. In dieser Kolumne habe ich nur eine kleine Auswahl genannt. Schauen Sie sich die Wikipedia-Liste mit gängigen kognitiven Verzerrungen an und prüfen Sie sich einmal ehrlich selbst, welche Fehler bei Ihnen vielleicht besonders ausgeprägt sein könnten. Ich hoffe, dass dieser Text dabei helfen konnte, dass neue Investoren vielleicht weniger dieser Fehler begehen.

Denken Sie langfristig!

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Die auf unserer Webseite veröffentlichten Beiträge spiegeln die persönliche Meinung der Redakteure und ihre persönliche Einschätzung der Marktsituation wider. Sie stellen keine Anlageberatung oder Empfehlungen dar. Alle Veröffentlichungen dienen der bloßen Information. Sie sind nicht an Ihre individuelle Situation angepasst und können und sollen nicht eine persönliche und qualifizierte Anlageberatung durch hierzu qualifizierte Berater ersetzen. Der Handel mit Kryptowährungen stellt immer ein Risiko dar. Sofern Sie hier angebotene Informationen nutzen, oder Ratschlägen folgen, handeln Sie eigenverantwortlich.

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