Ein Kommentar von Robert Steinadler.
In wenigen Stunden neigt sich das Jahr 2021 dem Ende zu. Dieses Jahr war ein ganz besonderes, denn der Markt hat ein explosionsartiges Wachstum erlebt. Das galt in erster Linie für sämtliche Altcoins und Token, die man für „hartes“ Geld kaufen konnte.
Der Bitcoin-Kurs hat sich hingegen seit dem Allzeithoch von 2017 „nur“ verdreifacht und das auch nur, wenn man nahe des Allzeithochs abgestoßen hat. Betrachtet man die Performance seit Jahresbeginn, dann ist diese sogar noch schwächer. Das dürfte waschechten Bitcoin-Maximalisten aber egal sein, denn „hodln“ und „Sats stacken“ ist eh viel schöner als Kursgewinne.
Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer. In den Krypto-Medien wurden pünktlich zum Jahreswechsel eine ganze Reihe von Artikeln verfasst, die sich mit Prognosen beschäftigen. Klar, das ist für Anleger von Interesse und im Ergebnis sind wir – damit ist die globale Krypto-Community gemeint – alle bullish, was die Zukunft angeht. Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich meinen Leser angedeihen möchte und statt einem Blick in die Glaskugel zu einzelnen Coins zu wagen, möchte ich meine Perspektive auf den allgemeinen Stand der Dinge teilen.
Kann der Markt noch wachsen?
Wir haben 2021 ein gigantisches Wachstum erlebt und das betraf in erster Linie Ethereum und selbstverständlich die Schar von „Ethereum Killern“. Solana hat gegenüber seinem Allzeittief im Jahr 2020 um fast 35.000 % zugelegt. Die Binance Smart Chain bzw. der Binance Coin um 1.312.181 % gegenüber seinem Allzeittief vor vier Jahren. Cardano lahmt mit knapp 7.000 % gegenüber dem Allzeittief im März 2020. Terra fand fast zum gleichen Zeitpunkt sein Allzeittief wie Cardano, konnte aber seitdem um 74.144 % zulegen. Lediglich bei Polkadot muss man sich fragen, was da schiefgelaufen ist. Traurige 927 % gegenüber dem Tief im August 2020.
Geht da noch mehr? Im Prinzip schon. Die entscheidende Frage, die jeder für sich individuell beantworten muss, ist jedoch, wann es ihm persönlich reicht und er die Gewinne mitnehmen möchte. Im langen und finsteren Bärenmarkt von 2018 bis 2019 konnte man beobachten, wie Kleinanleger mit Anlauf auf die Nase fielen.
Auch damals waren die Gewinne zum Jahresende 2017 enorm, die Stimmung gut und Cash verpönt. Der wohl größte Fehler, den die meisten damals machten, war zu unterschätzen, wie schnell der Markt wieder drehen kann. Insbesondere in Hinblick auf die Steuer kann es schmerzhaft sein, wenn man Gewinne auf dem Deckel stehen hat, aber das Portfolio am Ende abschmiert und keine Liquidität vorhanden ist, um die Rechnung zu begleichen.
Ob grade die Altcoins im kommenden Jahr in der Lage sind, noch ein paar Tausend Prozent Kurswachstum obendrauf zu schaufeln, ist fraglich, aber nicht unmöglich. Je weiter es nach oben geht, desto dünner wird die Luft. Statt sich mit Prognosen zu befassen, sollte man spätestens am letzten Tag des Jahres das eigene Risikoprofil managen. Wenn man sich strategisch so positioniert, dass man sowohl für den Bullen- als auch für den Bärenmarkt im Jahr 2022 gewappnet ist, dann bleibt man im Plus.
Bitcoin wird die Welt nicht retten
Bitcoin schützt vor Inflation, weil es ein wahrhaft knappes Gut ist. Das war die These, auf deren Rücken der große Bullrun Ende 2020 begann. Tatsächlich macht BTC aber immer wieder das Gleiche. Bitcoin schmierte wiederholt zusammen mit den Aktienmärkten ab. Grade wenn es nach einer Krise riecht, dann bietet Bitcoin eben keinen sicheren Hafen.
Zum Jahresende 2021 ist sie da. Die versprochene Inflation. Erst als temporär anmoderiert könnte sie dann wohl doch bleiben. Zumindest eine Weile oder vielleicht länger. Die Salamitaktik bewährt sich immer wieder, wenn man dem Volk schlechte Neuigkeit behutsam beibringen muss.
Doch was bedeutet das für die Anleger? Sie können sich wahrscheinlich nicht darauf verlassen, dass Bitcoin sie retten wird, wenn die Horrorszenarien einer stetig wachsenden Inflation wahr werden sollten. Im Kontrast bedeutet das aber nicht automatisch, dass der Bitcoin-Kurs nicht noch weiter steigen könnte. Es lediglich die Offenbarung, dass das Narrativ eine Lücke aufweist.
Persönlich schaue ich gebannt auf die Marke von 53.000 US-Dollar. Springen wir darüber, dann ist zumindest aus meiner Perspektive ein sechsstelliger Kurs wieder im Spiel. Erreichen wir sie nicht oder scheitern am Widerstand, dann hängt in meinem Kleiderschrank bereits das Winterjäckchen bereit.
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